Sonntag, 5. Mai 2024

30.04.2024 – 05.05.2024 – Die kroatische Donau mit Abstecher in die Drau

Am 30.04.2024 starteten wir von Baja (Ungarn) in Richtung Mohacs. Mohacs ist der letzte Ort in Ungarn vor dem Grenzübertritt nach Serbien oder Kroatien. Wir wollten eigentlich in Mohacs festmachen, den Ort besichtigen und eine Nacht bleiben. In Mohacs gibt es allerdings kein geschütztes Hafenbecken, sondern nur Stege am Uferrand. Es war leider dermaßen windig, dass schon auf dem Weg nach Mohacs starker Wellengang aufkam. Das Boot sicher anzulegen und bei dem Geschaukel zu übernachten, kam für uns nicht in Frage, weshalb wir uns entschieden, nach Kroatien weiter zu fahren.

Nach wenigen Kilometern in Kroatien sind wir in die Drau abgebogen, wo man nach ca. 20 km Osijek erreicht. Diesmal mussten wir, anders als auf der Donau, die wir ausschließlich in Fließrichtung befahren, gegen den Strom anfahren. Somit fuhren wir nur noch mit halber Geschwindigkeit, und es wurde langsam dunkel. Ca. eine Stunde vor dem Ziel kam ein Industriehafen, der recht verschlafen wirkte und ideal vor Wind und Wellen geschützt war. Hier gingen wir vor Anker und konnten am nächsten Tag bei Tageslicht Osijek erreichen.

Der Hafen von Osijek ist nicht auf Gäste eingestellt. Die Liegeplätze sind beidseitig mit Eisenstegen begrenzt. Ein Anlegen ohne das Boot zu gefährden war ausgeschlossen. An der Innenseite des Außensteges fanden wir die einzige Möglichkeit, festzumachen.

Es gibt hier weder Wasseranschlüsse noch Strom und keine Duschen. Unseren Wasservorrat mussten wir erstmalig mit der Hilfe von Bollerwagen und Kanistern auffüllen. Das 12 V-Netz reicht für ca. 4 Tage. Geduscht wurde ab jetzt auf der Badeplattform von unserem Boot (am ersten Tag noch warm). Dennoch fühlten wir uns hier so wohl wie bisher nirgendwo auf unserer Reise. Der Hafenmeister hieß uns herzlich willkommen und bat für alles sein Hilfe an. Er hat uns telefonisch bei seinem Vorgesetzten angemeldet und es wurde uns gesagt, dass wir solange bleiben können wie wir wollen. Wie in allen bisherigen Häfen habe ich meinen Geldbeutel aus der Tasche gezogen; mein Zahlungsversuch wurde sofort zurückgewiesen mit den Worten „Welcome to Croatia“.

Osijek hat ca. 100.000 Einwohner und war im Jugoslawienkrieg schwer umkämpft; hierbei verloren 800 Zivilisten ihr Leben. Die Einschläge der Granaten sind an manchen Fassaden noch zu sehen.

Osijek ist eher unspektakulär, aber dafür absolut authentisch und gemütlich. Alle Menschen, denen wir begegneten, waren ausgesprochen freundlich. Hierher verirren sich scheinbar selten Touristen und schon gar nicht mit dem Boot. Wir beschlossen drei Tage zu bleiben. Die Einkaufsmöglichkeiten sind optimal.

Bei unserer ersten Stadtbesichtigung kamen wir am Nationaltheater vorbei und konnten lesen, dass am Abend eine Opernaufführung stattfindet. Kurz entschlossen haben wir uns online zwei Tickets (zu je 10 €) für den Abend gekauft (Figaros Hochzeit).

Weiterfahrt nach Vukovar
Am 04.05.2024 haben wir uns von Osijek verabschiedet und sind die Drau flussabwärts wieder zurück zur Donau gefahren. Als nächsten und letzten Ort auf der kroatischen Seite haben wir Vukovar angesteuert, zumal dies auch die letzte Möglichkeit ist, um für die Weiterfahrt nach Serbien auszuklarieren. Auch die Häfen Vukovar sind nicht auf Gäste vorbereitet. Der alte Hafen ist belegt mit Booten der Einheimischen, einen Kilometer flussabwärts hat man neue Stege gebaut. Die Stege liegen quer zur Strömung ungeschützt am Flussufer. Hier anzulegen, ohne das Boot zu beschädigen erfordert großes Geschick und zahlreiche Versuche. Als eingespieltes Team haben wir die Herausforderung bestens gemeistert.
Nachdem das Boot sicher vertaut war, wollten wir Richtung Stadt losziehen und mussten feststellen, dass das Eisentor zum Hafen abgeschlossen war. Der einzige Mensch weit und breit, den man ansprechen konnte, war ein Angler, der gerade dabei war, mit seinem Boot loszufahren. Mit meinen rudimenteren Kroatisch-Kenntnissen musste ich ihm nun unser Problem schildern, dass wir gerne in die Stadt, aber auch wieder zurück auf unser Boot möchten. Das Gespräch war sehr holprig, aber umso freundlicher. Der Angler hat uns seinen Schlüssel überlassen und am Abend, als er vom Angeln zurückkam, wieder abgeholt. Wir konnten inzwischen unsere Besorgungen machen (vor allem Tanken). Unser Liegeplatz war direkt unterhalb des Wasserturms, dem traurige Wahrzeichen von Vukovar.
Der Wasserturm wurde zu einem Erinnerungsstätte ausgebaut. Vukovar erlangte tragische Berühmtheit durch den Jugoslawienkrieg, der hier am heftigsten tobte.

Alleine in Vukovar verloren in den Monaten der Belagerung und der seinerzeitigen Einnahme der Stadt durch die serbischen Truppen ca. 2700 Menschen ihr Leben. Die Eroberer sprachen triumphierend von einem «grossen Sieg über die kroatischen Faschisten“. Mit Blick auf den Ukraine-Krieg kommt einem diese Rhetorik irgendwie bekannt vor.
Auch wenn die meisten Kriegsschäden beseitigt sind, wird man in Vukovar auf Schritt und Tritt immer wieder an den Krieg erinnert. Ein Besuch des Kriegsmuseums gehört in Vukovar zum Pflichtprogramm, auch wenn dieser sehr bedrückend ist.

Neben all den schrecklichen Erinnerungen an den Krieg hat Vukovar natürlich auch seine schönen Seiten.

4 Kommentare zu "30.04.2024 – 05.05.2024 – Die kroatische Donau mit Abstecher in die Drau"

  1. Liebe Teresa, lieber Stephen,
    Wir wünschen Euch weiterhin eine gute Fahrt und viele tolle Erlebnisse.
    Auf Euren nächsten Logbucheintrag sind wir schon gespannt.
    Viele Grüße und alles Gute.
    THULE Crew

  2. Hallo liebe Nachbarn,

    Ihr seid ja schon super weit gekommen.
    Weiterhin viele schöne Erlebnisse und eine handbreit Wasser unterm Kiel. Wir freuen uns auf die nächsten Berichte und Fotos

    Kerstin und Stefan

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