Dienstag, 20. August 2024

12.08.2024 – 17.08.2024 – Die albanische Küste – vom Ionischen Meer in die Adria

Am 12.08.2024 haben wir Korfu in Richtung Albanien verlassen. Der erste Hafen in Albanien, den man zum Einklarieren ansteuern kann ist Saranda. Die Überfahrt von Korfu beträgt nur 28 km, und Dank der ruhigen See waren wir nach weniger als drei Stunden in Saranda. Noch am Abend zuvor hatte ich eine E-Mail an eine Agentur geschickt, die für uns die Einreiseformalitäten erledigen sollte. Die Agentin hat uns schon während der Überfahrt zurückgerufen, und wir wussten schon vor Ankunft, wo wir festmachen konnten und dass wir uns in guten Händen befinden.

Flaggenwechsel zwischen Kurfu un Albanien
Ein unauffälliger Felsen auf dem Weg nach Albanien, den man bei Wellengang kaum sehen würde; es empfiehlt sich also, immer genau auf die Seekarte zu schauen.

Saranda, ein Ferienort, der vorwiegend aus seelenlosen Betonkästen besteht. Auf unserer Weiterfahrt werden wir erfahren, dass fast alle Küstenorte in Albanien so aussehen.

In Saranda angekommen hat uns die Agentin schon einen Platz im Hafen zugewiesen. Wir hatten Glück, einen der ganz wenigen Plätze am Zollanleger zu bekommen. Andere Boote müssen in der Bucht vor Anker gehen. Wir lagen also im Zollhafen und waren somit in einem Bereich, der mit hohen Zäunen abgeriegelt ist und 24 Stunden am Tag von der Polizei bewacht wird. Um in den Ort zu gelangen mussten wir jedesmal vorbei an den Kontrollen des Fähren-Terminals. Es hat ausgereicht, „privat boat“ zu sagen, um an den Kontrollen vorbei zu kommen.

Dies ist kein Ufo, das vor unserem Boot gelandet ist, sondern eine "Meteor", ein Tragflächenboot aus ehemals sowjetischer Produktion.

Am nächsten Tag ging es weiter nach Porto Palermo. Auf dem Weg dorthin gibt es noch einige unberührte Buchten. Da diese nicht durch Straßen angebunden sind und die Küste felsig ist, gibt es hier auch keine Strandbars. Wir wollten zum Frühstück in einer dieser Buchten ankern, doch leider haben unzählige Wespen und Hornissen diese Buchten bevölkert. Um die Insekten nicht nervös zu machen, haben wir uns nur ganz langsam bewegt, den Anker gelichtet und die Bucht verlassen. Auf See mussten wir noch einige Exemplare vorsichtig verscheuchen.

Unser Tagesziel war Porto Palermo, eine der wenigen Buchten, die gegen alle Windrichtungen Schutz bietet. In der Bucht befinden sich einige ehemaligen Militärgebäude, die der Umgebung einen morbiden Charme verleihen. Das Nordende der Bucht ist immer noch militärisches Sperrgebiet, hier befindet sich ein U-Boot-Bunker.

Es war nicht einfach an der hohen Mauer festzumachen. Ein junger Mann, von einer Segelyacht unter türkischer Flagge, die schon am Steg lag, kam sofort zur Hilfe. In seinem Übereifer ist er aus einem Meter Höhe vom Steg auf unser Boot gesprungen. Meine Dankbarkeit für seine Hilfsbereitschaft hielt sich stark in Grenzen, zumal der Aufprall sich so anhörte, als wenn unser Boot in zwei Hälften getrennt würde. Ich hätte ihn in dem Moment eigentlich am liebsten erwürgt, aber glücklicherweise sind keine Schäden erkennbar.

Wahrzeichen von Porto Palermo ist die Festung, deren Entstehungs- und Baugeschichte nicht ganz klar sein soll.

Wir haben den Rest des Tages entspannt, sind zu Festung spaziert und haben uns die unmittelbare Umgebung angesehen. Nachdem die Bucht an der Küstenstraße liegt, kommen auch viele Tagestouristen an den kleinen Kiesstrand. Es gibt keine Mülltonnen, viele schmeißen ihren Müll an den Strand oder dahinter. Manche Bootstouristen haben ihre vollen Müllsäcke einfach auf den Steg gelegt. Porto Palermo bietet also alle Voraussetzungen für ein Rattenparadies. Für die kommende Nacht habe ich einige Lappen mit Nelkenöl getränkt und an Deck befestigt; Ratten mögen angeblich kein Nelkenöl. Unser Cabrio-Verdeck haben wir zugemacht. Trotz der im Verdeck integrierten luftdurchlässigen Fliegennetze war es die ganze Nacht lang enorm stickig.
Nachdem unser nächstes Tagesziel über 80 km entfernt lag, sind wir am nächsten Morgen schon um 5:00 Uhr aufgestanden und mit Anbruch der Morgendämmerung gestartet.
Unser Ziel war Orikum in der Bucht von Vlora. Hier gibt es eine gepflegt Marina, wo wir uns für zwei Tage niederlassen wollten. In der Morgensonne mussten wir wahrnehmen, was derzeit mit der albanischen Küste geschieht.

Die Küste zwischen der griechischen Grenze und der Hafenstadt Vlora auch „Albanische Reviera“ genannt ist bzw. war eigentlich eine der schönsten Gegenden am Mittelmeer. Seit Jahren wird die Küste zukzessive zubetoniert. Man setzt hier auf Massentourismus und zerstört die Landschaft. Abwässer werden ausnahmslos ungeklärt ins Meer geleitet. Es gibt keine geregelte Müllentsorgung. Viele Menschen verbrennen ihren Hausmüll oder werfen ihn in die Flüsse und ins Meer.

Auf der Strecke nach Orikum gab es dennoch ein paar schöne Abschnitte, vor allem da, wo die Berge steil ins Meer abfallen, dort gibt es keine Straßen und somit auch keine Bebauung.

Während der Diktatur wurden hunderttausende von Bunkern errichtet, um das Land vor potenziellen Angreifern zu schützen.

In Orikum bekamen wir in der Marina einen schönen Liegplatz zugewiesen.

Am Abend sind wir die Durchgangsstraße von Orikum entlang spaziert, um ein Restaurant zu finden. Auf dem Weg durch den Ort begegnet uns wieder einiges an Müll.

Am 15.08.2024 haben wir uns mangels öffentlicher Verkehrsmittel ein Taxi nach Vlora genommen.

Vlora ist eine Hafenstadt an der Straße von Otranto, der Meerenge am Übergang zwischen Adria und Ionischem Meer. Mit rd. 100.000 Einwohnern ist sie die drittgrößte Stadt des Landes.
Das Zentrum von Vlora ist recht schön hergerichtet. Zahlreiche Gebäude wurden und werden noch renoviert.

Am 16.08.2024 war wieder frühes Aufstehen angesagt, denn wir hatten, um Durres zu erreichen, 112 km vor uns. Die Strecke galt es an einem Tag zu schaffen, weil es in diesem Küstenabschnitt, der vorwiegend aus Sumpflandbesteht, keinen Hafen und keine geschützte Bucht gibt.

Durres ist die zweitgrößte Stadt Albaniens. Wir durften auch hier im abgetrennten Zollhafen festmachen. Obwohl Industrie und Handelshafen, haben wir uns hier recht wohl gefühlt. Die Anlage war zwar einfach, aber gepflegt und wir bekamen Strom und Wasser. Unsere Nachbarschaft bestand aus Fährschiffen und ein paar Luxusyachten. Am frühen Abend haben wir uns das Zentrum von Durres angesehen. Das berühmteste Bauwerk von Durres ist das römische Amphitheater.

Am nächsten Tag fuhren wir weiter nach Shengijn, dem nördlichsten Ort an der albanischen Küste. Auch wenn der Name chinesisch anmutet, heißt der Ort auf deutsch übersetzt Sankt Johann. Shengjin ist ein großer Ferienort. Wir durften wieder im Zollhafen festmachen und mussten wie bei der Einreise auch für die Ausreise einen Agenten beauftragen, der uns hilft, nach Montenogro auszuklarieren und uns eine Genehmigung zum Verlassen des Hafens besorgt. Unser Agent kam mit seinem alten Mercedes vorgefahren und meinte, dass wir die Formalitäten besser in eine Cafe erledigen sollten. Im Auto habe ich reflexartig zum Sicherheitsgurt gegriffen, der sich nicht rausziehen ließ. Der Agent fragte mich, was das soll für die paar hundert Meter. Im Cafe hat er uns dann gefragt, was wir trinken möchten. In unserer Bescheidenheit haben wir jeder einen Espresso bestellt. Während wir unseren Espresso geschlürft haben, hat der Agent ein paar Formulare ausgefüllt und unsere Pässe fotografiert.

In einem nautischen Führer für Albanien habe ich gelesen, dass die Agenten sich gerne um Ihre Kunden kümmern, weshalb ich es gewagt habe ihn zu bitten, ober er uns evtl. mit zwei Kanistern zur naheliegenden Tankstelle fahren könnte. Nachdem ihm die dreihundert Meter vom Cafe zurück zum Hafen offensichtlich zu viel waren, hat er den Kellner gefragt, ob er nicht ein paar leere Plastikflaschen hätte. Glücklicher Weise musste der Kellner passen und der Agent hat eingesehen, dass es einfacher ist, nochmal zurück zum Hafen zu fahren, um die Kanister zu holen. Als er die Formulare ausgefüllt hatte und meinte, dass wir jetzt gehen könnten, sind wir vom Tisch aufgestanden und ich war gerade dabei, „vielen Dank für den Kaffee“, zu sagen; im selben Moment sagte er, „you must pay your coffee“. Den konnten wir uns mit 50 Ct gerade noch leisten. Das nennt man Gastfreundschaft, zumal er für seinen Service 60 € kassiert.
Der ganze Ort wirkte so einladend wie unser Agent, Hochhäuser, Müll, Gestank. Selbst die Fischkutter neben denen wir lagen, stanken nach verwestem Fisch. In der Türkei mussten wir oft direkt an Fischkuttern festmachen, um zu übernachten. Dort konnten wir sehen, wie die Fischer ihre Schiffe nach Abladen der Fracht von oben bis unten gereinigt und die Fischbehälter komplett ausgespült haben.

Auch in Shengjin haben wir wieder versucht, uns über Nacht bestmöglich vor Ratten zu schützen. Der Gestank von verbranntem Müll war heftig.

Für den nächsten Nachmittag war ein möglicher Wetterumschwung vorhergesagt. Um nicht länger als eine Nacht hier bleiben zu müssen, sind wir am nächsten Tag wieder um 5:00 Uhr aufgestanden, um das Land noch rechtzeitig vor dem Wetterumschwung zu verlassen und Montenegro zu erreichen. Der Wind war inzwischen ablandig, weshalb uns die letzten 30 km entlang der albanischen Küste bis kurz vor Montenegro unentwegt der Gestank von verbranntem Müll entgegen wehte.

Bisher haben wir uns in jedem Land, das wir auf unserer Reise besucht haben, wohlgefühlt; nirgendwo, haben wir Perfektion erwartet. Auf früheren Reisen durchs albanische Hinterland haben wir auch positive Erfahrungen gemacht, zumal die genannten Probleme damals für uns in dieser Größenordnung nicht sichtbar waren. Diesmal waren wir heilfroh, nicht länger in Albanien bleiben zu müssen.

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